Zwischen Krieg und Hungerkatastrophe.
Der Ukraine-Krieg und dessen Auswirkungen haben gezeigt, dass wir global eng miteinander verknüpft sind. Durch das Weltgeschehen, durch Weltmärkte, durch die weltweiten Herausforderungen unserer Zeit. Eine dieser großen Herausforderungen ist und bleibt der weltweite Hunger.
Der weltweite Hunger steigt. Das hat mehrere Gründe: Konflikte, die Klimakrise – und 2022 zusätzlich hohe Preise durch den Ukraine-Krieg. In den ärmsten Ländern der Welt steigen Inflation und die Öl- und Lebensmittelpreise. Immer mehr Menschen haben nicht genug zu essen, leiden und sterben an den Folgen von Unterernährung.
Hilfe in der Hungersnot
Besonders am Horn von Afrika ist die Not besonders groß. Dort liegt auch Äthiopien, eines der ärmsten Länder der Erde. Drei aufeinander folgende Regenzeiten sind 2022 nur äußerst spärlich ausgefallen – die Ernte ist verdorben, Vieh stirbt und 20 Millionen Menschen sind von Hunger bedroht. Gleichzeitig sind die Lebensmittelpreise höher denn je.
Wir helfen in Afrika, aber auch in anderen betroffenen Regionen wie dem Nahen Osten durch unser Partnernetz vor Ort – in akuten Krisen wie Hungersnöten, aber auch langfristig, zum Beispiel durch Bildung, Mikrokredite, Schulung zur nachhaltigen Landwirtschaft und die Unterstützung von Frauen als Versorgerinnen von Familien.
Interview mit unserer Syrien-Delegierten
Ilaria Borella
Humanitäre Hilfe bedeutet nicht nur Akuthilfe, sondern auch nachhaltige Perspektiven für die Menschen zu schaffen. Ein Beispiel ist Syrien: 12 Jahre dauert die Krise schon an, dazu kam 2023 auch das schreckliche Erdbeben. Unsere Syrien-Delegierte Ilaria Borella erzählt von den Herausforderungen des Helfens und wie die Caritas Menschen vor Ort unterstützt.
Die syrische Bevölkerung ist von zahlreichen Krisen betroffen - zuletzt wurde das Land auch von Erdbeben erschüttert. Welche Herausforderungen ergeben sich dadurch in Ihrer täglichen Arbeit vor Ort?
Mehr als zwölf Jahre nach Beginn des Konflikts befindet sich Syrien nach wie vor in einer der komplexesten humanitären Krisen der Welt. Das Erdbeben im Februar verschärfte die fragile Situation zusätzlich. Immer mehr Menschen brauchen humanitäre Hilfe. Dabei zehrt die jahrelange Not ohnehin schon enorm an den Menschen – psychisch und physisch.
Die größte Herausforderung für uns ist die politische und humanitäre Komplexität dieser Krise. Wir müssen unsere Arbeit ständig an sich ändernde Bedingungen im Land anpassen. Das erfordert viel Flexibilität, um auf unvorhersehbare Situationen angemessen reagieren zu können.
Was ist nötig, um den Menschen in Syrien nachhaltig zu helfen?
Der Bedarf an humanitärer Hilfe steigt in allen Bereichen (von der Bereitstellung von Unterkünften über Ernährungssicherheit bis hin zu Bildungsmaßnahmen). Um dem begegnen zu können braucht es langfristige gedachte Nothilfe auf der einen aber auch früh ansetzende Maßnahmen zur nachhaltigen Wiederherstellung der Lebensgrundlagen auf der anderen Seite – hierfür muss die internationale Gemeinschaft natürlich Finanzmittel bereitstellen. Denn ohne diesen ganzheitlichen Ansatz wird die syrische Bevölkerung nicht in der Lage sein, die vielfältigen Krisen zu bewältigen.
Die Caritas ist seit den 1990er Jahren in Syrien aktiv, und ab 2011 wurde die Hilfe stark ausgeweitet. Was hat die Hilfe der Caritas in dieser Zeit bewirkt?
Seit 2011 hat unsere Unterstützung im Nahen Osten mehr als 230.000 Menschen erreicht. Die Hilfe fußt dabei immer auf zwei Säulen: der akuten Nothilfe und dem Wiederaufbau von Lebensgrundlagen, etwa durch Bildungsprogramme oder Bargeldhilfen und Trainings. Diese geben den Menschen konkrete Perspektiven für die Zukunft und helfen ihnen maßgeblich dabei, sich und ihre Familien wieder selbständig versorgen zu können.
Was motiviert Sie besonders bei Ihrer Arbeit für die Caritas in Syrien?
Besonders wichtig für uns ist die Zusammenarbeit mit unserer Schwesternorganisation der Caritas Syrien. Um effektiv helfen zu können, arbeiten wir eng mit lokalen Organisationen zusammen. Die syrischen Kolleg*innen sind unglaublich motiviert und engagiert. Sie sind diejenigen, die die wirklich harte Arbeit leisten, die an vorderster Front zuhören und den oft verzweifelten Menschen direkt helfen. Ich selbst erlebe immer wieder Schicksale von Menschen, die mich zunächst frustrieren aber dann auch ermutigen. Diese direkten Begegnungen geben mir Kraft mit noch mehr Engagement weiterzumachen. Die Arbeit hier ist halt mehr als nur ein Job. Unser Ziel ist es, den Ärmsten und am Verletzlichsten zu helfen, ihnen eine Stimme zu geben, ihre Würde zu stärken und diese zu bewahren.