
Nahost: Der tägliche Kampf ums Überleben
Kriege und Konflikte hatten in Ländern des Nahen Ostens auch im Jahr 2024 verheerende Folgen für die Zivilbevölkerung. Die Caritas arbeitete mit Partner*innen vor Ort teils unter schwierigsten Bedingungen, um humanitäre Hilfe zu leisten – und tut dies nach wie vor. (Anm.: Dieser Text entstand im Februar 2025 und bildet nur die Ereignisse und Zahlen bis zu diesem Zeitpunkt ab.)
Im Gazastreifen wurde fast die gesamte Bevölkerung (Stand Februar 2025: über 1,9 Millionen Menschen) vertrieben, die humanitäre Hilfe erfolgt unter schwierigsten Bedingungen. Die Caritas hilft - wo möglich - über Partner*innen-Organisationen vor Ort mit Bargeldhilfen, Hilfsgütern, medizinischer Versorgung, Materialien für Unterkünfte und Winterausrüstung wie Decken, Matratzen, Zelte, Planen sowie Notunterkünften, Nahrungsmitteln, Hygieneartikeln und psychosozialer Unterstützung.
Im Libanon waren bis Februar 2025 über 1,2 Millionen Menschen auf der Flucht, viele lebten in Zelten oder auf der Straße. Schulen dienten als Notunterkünfte, Strom- und Wasserversorgung sind instabil, die Gesundheitsversorgung ist weiterhin stark eingeschränkt. Neben der dauerhaften Unterstützung der Caritas Österreich im Libanon in den Bereichen Gesundheit, Bildung und soziale Sicherheit, konzentrierte sich unsere Hilfe im Jahr 2024 zusätzlich auf das Lebensnotwendigste: sauberes Wasser, Lebensmittel, Medikamente und sichere Unterkünfte.
In Syrien läutete der Sturz der Regierung Ende 2024 eine neue Phase der Unsicherheit mit prekären Versorgungslage ein – stundenweise Strom, kaum Zugang zu Lebensmitteln oder medizinischer Hilfe. Unsere Partner*innen vor Ort arbeiten unter schwierigen Bedingungen daran, Grundversorgung, Bildung, Schutz, Ernährungssicherheit und Lebensunterhalt zu gewährleisten.


Interview: „Die Rückkehr zur Normalität ist in weiter Ferne“
Anm.: Das Interview wurde im Februar 2025 geführt. Seitdem gab es zahlreiche Entwicklungen, die darin keine Berücksichtigung finden. Das Interview soll den Zustand und die Ereignisse im Jahr 2024/Anfang 2025 abbilden.
Syrien und Libanon. Der Konflikt in Nahost fordert den Einsatz der Caritas. Unsicherheit und fehlende Grundsicherung prägen das Leben im Libanon und in Syrien, beide Länder sind auf humanitäre Hilfe angewiesen. Aglaia D’Aligny, unsere Libanon-Delegierte im Jahr 2024, und Rick Jones, Programmmanager in Syrien, berichten vom Leben vor Ort und über die Hilfe der Caritas.
Im Libanon herrscht Waffenstillstand. Wie kann man sich das Leben vor Ort vorstellen?
Aglaia D’Aligny: Die humanitäre Lage bleibt angespannt, da der Waffenstillstand nicht vollständig eingehalten wird. Viele Menschen können nicht in ihre zerstörten oder unsicheren Heimatorte zurück. Zahlreiche Krankenhäuser sind beschädigt oder überlastet und es mangelt an sauberem Wasser, Nahrung und Strom. Für viele ist eine Rückkehr zur Normalität also in weiter Ferne.
Wo wird am dringendsten Hilfe benötigt?
Aglaia D’Aligny: Die größten Herausforderungen bestehen in der Versorgung der betroffenen und teils noch vertriebenen Menschen sowie dem Wiederaufbau essentieller Infrastruktur.
Wie hilft die Caritas?
Aglaia D’Aligny: Mit medizinischer Versorgung sowie psychosozialer Unterstützung für Kinder, die unter den Folgen des Konflikts leiden und Zugang zu Bildung und Therapie für Kinder mit Beeinträchtigungen. Schutzbedürftigen wird eine sichere Unterkunft sowie rechtliche Hilfe ermöglicht.
Ende 2024 kam es zum Umsturz in Syrien. Wie geht es den Menschen vor Ort?
Rick Jones: Assad ist zwar weg, doch die Situation ist instabil. Die Infrastruktur liegt brach, limitierte Bargeldbehebungen machen Einkäufe schwierig, die Menschen hungern. Strom und Wasser sind knapp, Kriminalität und Gewalt hoch. Über eine Million Rückkehrer*innen aus dem In- und Ausland finden kaum Versorgung.
Worin liegen die größten Herausforderungen?
Rick Jones: 90 Prozent der syrischen Bevölkerung benötigen humanitäre Unterstützung, fast die Hälfte der Kinder geht nicht zur Schule. Der Hilfsbedarf ist extrem hoch, doch die humanitäre Hilfe und die regelbasierte internationale Ordnung sind derzeit Angriffen des globalen Nordens ausgesetzt.
Wie hilft die Caritas den Menschen in Syrien?
Rick Jones: Wir helfen, dass Menschen ihre täglichen Bedürfnisse erfüllen können, etwa mit Bargeldhilfen, um Essen oder Heizmaterial zu kaufen. Zudem helfen wir Menschen dabei, ihre Rechte wahrzunehmen, wir unterstützen die Gesundheitsversorgung und ermöglichen Bildung. Wir fördern die Entwicklung kleiner Unternehmen und unterstützen Landwirte und Landwirtinnen. In einer Zeit, in der die internationale Solidarität für die Schwächsten zusammenbricht, wird unsere Hilfe mehr denn je benötigt.