
Einsatz für Gerechtigkeit: Das Netzwerk AsylAnwält*innen
Das Netzwerk AsylAnwält*innen (NWAA) wurde in den 1990er-Jahren von der Caritas und dem UN-Flüchtlingshochkommissariat UNHCR gegründet. Heute ist es eine Kooperation mehrerer Hilfsorganisationen und auf Asylrecht spezialisierter Rechtsanwält*innen, koordiniert von der Caritas Österreich.
In bestimmten Fällen unterstützt das NWAA mittellose Asylsuchende dabei, ein Rechtsmittel an ein zuständiges österreichisches Höchstgericht zu erheben, nachdem sie in ihrem Asylverfahren eine negative Entscheidung vom Bundesverwaltungsgericht bekommen haben. Das Gesetz schreibt vor, dass es dazu eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt braucht – unserer Ansicht nach mit fundiertem Wissen und Erfahrung im Asylrecht, um Klient*innen bestmöglich vertreten zu können. Viele Asylsuchende können sich allerdings keine rechtliche Vertretung leisten und müssen Verfahrenshilfe beantragen. Dabei wird aber keine Rücksicht darauf genommen, ob die Anwält*innen Erfahrung im Asylrecht haben. Deshalb stellt das NWAA gezielt spezialisierte Projektanwält*innen zur Verfügung – für faire Verfahren und echte Chancen auf Gerechtigkeit.
Warum das wichtig ist
Wir tun das, um wichtige Entscheidungen der Höchstgerichte zu erwirken, sogenannte Grundsatzentscheidungen. Diese Urteile klären wichtige Fragen, die über den Einzelfall hinausgehen – etwa zur Auslegung von Gesetzen oder weil sich in anderen Verfahren dieselben Fragen stellen. Sie können vielen Menschen helfen, weil sie auch in künftigen Fällen beachtet werden müssen. Dadurch können wir bewirken, dass der Rechtsschutz von Asylsuchenden in Österreich allgemein verbessert wird.


Ein Urteil für viele: Afghanische Frauen vor dem EuGH
Ein starkes Beispiel: Im Oktober 2024 hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) ein wegweisendes Urteil getroffen (C-608/22 und C-609/22 vom 4.10.2024). Der EuGH beantwortete damit Fragen, die ihm der österreichische Verwaltungsgerichtshof (VwGH) gestellt hatte. Der VwGH brauchte diese Antworten, um über zwei bei ihm anhängige Verfahren von afghanischen Frauen entscheiden zu können. Diese beiden Frauen waren im Auftrag des NWAA von zwei unserer Projektanwältinnen vertreten. Der EuGH entschied: Afghanischen Frauen kann allein wegen ihres Geschlechts und ihrer Herkunft Asyl gewährt werden – ohne dass ihre persönliche Fluchtgeschichte im Detail geprüft werden muss.
Die Begründung des EuGH: Frauen in Afghanistan werden – staatlich angeordnet oder geduldet – massiv diskriminiert: Sie haben keinen rechtlichen Schutz vor geschlechtsspezifischer und häuslicher Gewalt sowie Zwangsverheiratung. Sie sind verpflichtet, ihren Körper vollständig zu bedecken und ihr Gesicht zu verhüllen. Sie dürfen sich nur beschränkt frei bewegen und haben nur eingeschränkten Zugang zu medizinischer Versorgung. Arbeiten zu gehen ist für sie verboten oder stark eingeschränkt. Der Zugang zu Bildung ist ihnen verwehrt, Sport machen ist für sie verboten und sie dürfen sich nicht politisch beteiligen.
Dieses Urteil betrifft nicht nur Österreich, sondern – aufgrund der Entscheidung des EuGH – die Behörden und Gerichte aller Mitgliedstaaten der EU. Ein großer Erfolg für den Schutz von Frauenrechten im Asylrecht.